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Allergien: Rechtzeitig (be)handeln

Allergien: Rechtzeitig (be)handeln Allergien: Rechtzeitig (be)handeln

Ein schmaler Grad: Zur Vorbeugung saisonal auftretender Allergie-Beschwerden rate ich meinen Patient(inn)en regelmäßig zu einer pünktlichen Eigenbluttherapie. Entsprechende Erinnerungen per E-Mail empfinden die einen dabei als zuvorkommenden Service, andere jedoch eher als aufdringlich.

Empfehlenswert ist deshalb, den Patienten im Laufe der ersten Eigenbluttherapie zu fragen, ob er künftig jährlich zur Auffrischung eingeladen werden möchte oder lieber nicht.

Sind die saisonalen Beschwerden bereits vorhanden, setze ich als Akutbehandlung eher auf Akupunktur und Komplex-Homöopathie. Wurde der richtige Zeitpunkt erst einmal verpasst, ist eine Eigenblut-Therapie zumindest meiner Meinung nach nicht mehr Therapie der ersten Wahl. Ähnliche Erfahrungen habe ich übrigens gemacht, wenn die Eigenbluttherapie zur Stärkung des Immunsystems bzw. konkret zur Verhütung von Erkältungen durchgeführt wird.

Aus den Fugen geraten: Während Therapeuten Pollenallergiker unter ihren Patienten in früheren Jahren mithilfe eines Pollenkalenders relativ gut auf saisonale Spitzen vorbereiten konnten, wird die Hauptbelastungszeit mittlerweile immer schwieriger einschätzbar. Der Pollenkalender aus Apotheke oder Internet zeigt zwar immer noch die Hauptflugphasen einzelner Pollenarten an. Problematisch ist dabei aber, dass viele davon gewissermaßen Zwischenphasen einlegen, in denen sie laut Pollenflugkalender eigentlich gar keine „Saison“ haben, aber dennoch immer häufiger in der Atemluft nachweisbar sind.

Ganz abgesehen davon, dass auch die in den Kalendern ausgewiesenen Flugphasen der Pollen zunehmend länger dauern und früher beginnen. Pollenflug vom Januar bis in den Spätsommer hinein ist mittlerweile die Regel. Die Regenerationsphasen betroffener Allergiker verkürzen sich dementsprechend.

Eine Hauptursache dafür dürfte zum einen in den starken Temperatur-Schwankungen der vergangenen Jahre liegen. So gab es auch im vergangenen Winter wieder einige Tage, an denen das Thermometer auf nahezu 15 °C kletterte. Zum anderen kommen neue Pollen hinzu, die noch in keinem Kalender zu finden sind und sich auch an keine saisonalen Spielregeln halten.
Weitaus aggressivere Pollen als hier zu Lande üblich: Etwa das aus den USA stammende Traubenkraut, auch Ambrosia genannt, das u.a. in Deutschland auf dem Vormarsch ist und ein weitaus höheres allergenes Potenzial aufweist als zum Beispiel heimische Birken- oder Gräserpollen. Angesiedelt hat sich Ambrosia mittlerweile schon in einigen milden Küstenregionen sowie in Berlin und Teilen des Rhein-Main-Gebiets. Die Folge: noch stärkere Allergiebeschwerden und noch mehr Allergiker.

Erschwerend hinzu kommt, dass zahlreiche Allergiker nicht nur auf bestimmte Pollen reagieren, sondern auch auf Lebensmittel, die mit diesen Pollen in allergischem Kontext stehen (Kreuzallergien). So gilt zum Beispiel für jeden zweiten Birkenpollen-Allergiker, dass er keine Nüsse, Äpfel, Birnen, Kiwis oder Mandeln verträgt. Beifuß, gegen dessen Pollen ebenfalls viele Menschen allergisch sind, gilt dagegen als Leitallergen für Kräuter- und Gewürzallergien: Weshalb etwa der Verzehr von Sellerie, Fenchel, Anis, Koriander oder Kümmel gefährlich werden kann. Und Gräserpollen-Allergiker sollten vorsichtig sein bei Tomaten, Pfefferminze, Sojabohnen, Erdnüssen und einigen Getreidesorten.
Zumindest für solche individuell problematischen Lebensmittel gilt zwar immerhin, dass man sie meiden kann. Vorausgesetzt, man weiß, worauf man reagiert. Pollenflug auszuweichen funktioniert jedoch nur bedingt. Schließlich können nur die wenigsten eine gesamte Pollensaison über Urlaub in einer unbelasteten Höhenregion bzw. einem entsprechenden Land machen. Und eine Pollenmaske zu tragen, ist auch nur für wenige Menschen eine Alternative.

Naturheilkundliche Therapieverfahren setzen deshalb meist darauf, nicht den einzelnen Pollen auszuweichen, sondern stattdessen das Immunsystem dahingehend zu beeinflussen, dass es „toleranter“ gegenüber diesen Eindringlingen wird. Schließlich sind nicht die Pollen das eigentliche Problem, sondern die überschießenden Reaktionen unserer Immunabwehr, die sich gegen eigentlich harmlose Stoffe zur Wehr setzt und so die allergischen Beschwerden wie verstopfte bzw. ständig laufende Nase, Niesanfälle, juckende Augen usw. auslöst.
Eine solche naturheilkundliche Therapie stellt zum Beispiel die Eigenbluttherapie dar, bei der es sich um eine sogenannte unspezifische Reiztherapie handelt: Der Therapeut entnimmt dem Patienten mit einer Spritze ein wenig Blut aus einer Armvene, das er anschließend nach einem bestimmten Ablaufschema in den Gesäßmuskel zurückspritzt: entweder unverdünnt und unbehandelt oder strukturell aufbereitet sowie ggf. gemischt mit einem entsprechenden Arzneimittel.

In meiner Praxis wird dem Blut in der Regel nichts oder aber „Juv 110 Injektionslösung“ von Phönix hinzugefügt: Je nachdem, was die Anamnese ergibt und was beim individuellen Termin sonst noch verabreicht wird gegen ggf. weitere Beschwerden. „Juv 110 Injektionslösung“ dürfte dem ein oder anderen älteren Kollegen vielleicht noch als zugelassenes Mittel mit der Indikation „Gewebsumstimmung bei Geschwulst- und Stoffwechselerkrankungen“ bekannt sein. Mittlerweile handelt es sich jedoch um ein registriertes Komplex-Homöopathikum ohne Angabe von Anwendungsgebieten.

Das breite Einsatzspektrum erklärt sich u.a. durch die vergleichsweise zahlreichen verschiedenen Inhaltsstoffe: Acer negundo, Fraxinus Americana, Gallae turcicae, Haematoxylum campechianum, Lycopodium clavatum, Marsdenia cundurango, Prunus padus e cortice, Raphanus sativus, Scrophularia nodosa, Thuja occidentalis, Ulmus und Viscum Album.

Die genaue Durchführung der Eigenbluttherapie folgt folgendem Schema:

  • 12 Termine bei erstmals durchgeführter Eigenbluttherapie (bei späteren Eigenbluttherapien in Folgejahren: 10 Termine)
  • Therapie-Zeitraum: 6 bzw. 12 Wochen; je nachdem, ob 1 oder 2 Termine wöchentlich erfolgen (was meiner Meinung nach aus therapeutischer Sicht unerheblich ist)
  • 1.-6. Termin: Es wird 1 ml Blut aus der Armvene abgenommen, mittels eines „Foamake plus“-Adapters (Spenglersan) unter Druck mechanisch aufbereitet und in den Gesäßmuskel zurückgespritzt. Der mechanischen Aufbereitung kommt dabei besondere Bedeutung zu, da die einzelnen Blutkörperchen zerplatzen und so deren Bestandteile wie Eisen und Hämoglobin frei verfügbar werden. Dadurch entfaltet die ohnehin schon bewährte traditionelle Eigenbluttherapie eine noch stärkere Wirkung, als sie von je her besaß.
  • 7.-12. Termin: Es werden 2 ml Blut aus der Armvene abgenommen, dann wie gehabt mittels Adapter unter Druck mechanisch aufbereitet und in den Gesäßmuskel zurückgespritzt.

Das Ganze wie bereits erwähnt ggf. unter Zusatz von „Juv 110 Injektionslösung“: Ameisensäure oder ähnliche häufig verwendete Zusätze verwende ich dagegen in der Regel nicht.
Sinnvoll sein können aber auch Therapiemaßnahmen aus dem Bereich der Körper- und/oder Ohr-Akupunktur. Entweder vorbeugend – ggf. in Kombination mit der Eigenbluttherapie oder alternativ dazu, wenn der Patient zum Beispiel keine guten Venen oder Angst vor Spritzen hat – oder auch bei bereits vorliegenden Allergiebeschwerden.
Als Basiskombination steche ich dabei gerne folgende Punkte der Körper-Akupunktur gemäß der Lehre der Meridiane der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM):

  • Di 4 („He Gu“):

Lokalisation: auf dem Handrücken, am höchsten Punkt des Muskelwulstes zwischen Metacarpale I und II
Charakteristik generell: Stoffwechsel-Punkt / Yuan-Quell-Punkt, der Wind-Kälte und Wind-Hitze entfernt

  • Di 20 („Ying Xiang“):

Lokalisation: Nasolabialfalte, neben Mittelpunkt des lateralen Nasenflügelrands
Charakteristik generell: klärt die Lunge, entlastet die Nase, zerstreut Wind, macht die Leitbahn durchgängig

  • Lu 9 („Tai Yuan“):

Lokalisation: radiales Ende der distalen Handgelenksbeugefalte, radial der A. radialis, ulnar der Sehne des M. abductor pollicis longus
Charakteristik generell: Husten, Atemnot u.a.

  • EX-KH 3 („Yin Tang“):

Lokalisation: zwischen den Augenbrauen auf der ventralen Medianlinie
Charakteristik generell: zerstreut Wind und stillt Schmerzen, erhellt Augenlicht, macht obere Körperöffnungen durchgängig; Extrapunkt für Erkrankungen der Nase, zum Beispiel allergische Rhinitis
Diese Punkte-Kombination erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ist lediglich ein Muster, das ich häufig anwende. Mehr als nur der Vollständigkeit halber erwähnt seien deshalb die weiteren zur Allergie-Behandlung infrage kommenden Akupunkturpunkte:

  • Bl 13, 20, 23 und 62
  • Du 4, 12, 14, 23 und 24
  • Dü 23
  • Gb 20
  • Lu 7
  • Ma 36
  • Ni 3, 6
  • Ren 4, 12

Zusätzlich akupunktiere ich das relevante (meist rechte) Ohr des Patienten gemäß Französischer Ohrakupunktur nach Dr. Paul Nogier entlang der sogenannten „Allergieachse“. Im Einzelnen werden dabei folgende Punkte berücksichtigt:

  • Ohrrandpunkt
  • Nebenniere endokrin
  • ACTH
  • Spiegelpunkt

Entgegen der Empfehlung einiger Fachbücher setze ich keine Gold- oder Silbernadeln ein, sondern verwende ausschließlich Edelstahlnadeln mit Kunststoffgriff, da ich damit am besten zurechtkomme und die Wirkung meiner Erfahrung nach nicht am verwendeten Metall liegt: „TeWa PB 2540“ für die Körper- und „TeWa PB 2015“ für die Ohrakupunktur.
Parallel zur Akutakupunktur verschreibe ich außerdem gerne ein weiteres registriertes Komplex-Homöopathikum der Marke Phönix: „Aralia S Phcp“, das ältere Kollegen noch als zugelassenes Medikament namens „Allergie-Mittel“ kennen dürften.
Die Akut-Dosis liegt wie bei anderen Globuli auch bei maximal 6 x täglich 5 Stück. In „Aralia S Phcp“ enthalten sind die Einzelmittel Aralia racemosa, Atropa bella-donna und Eucalyptus globulus.


Fazit:
Ich berichte an dieser Stelle absichtlich nicht von einem einzelnen Behandlungsfall. Meiner Erfahrung nach funktioniert diese Vorgehensweise nämlich sehr gut, weshalb ich nahezu jeden Allergie-Patienten mehr oder weniger auf diese Art und Weise behandele. Davon ausgehend, dass mehrere Patienten sich bereits seit einigen Jahren nach dieser Methode behandeln lassen und zumindest einige auch gar keine andere mehr akzeptieren würden, werde ich daran künftig wohl auch nichts ändern: Allenfalls hier und da bei der Auswahl der einzelnen TCM-Akupunkturpunkte, um den jeweiligen Beschwerden einzelner Patienten individuell noch besser gerecht werden zu können.

 

Literatur:

  • Praxishandbuch Akupunktur, Urban & Fischer, Stuttgart
  • Atlas Akupunktur, Urban & Fischer, München/Jena
  • Seirin-Bildatlas der Akupunktur, KVM-Verlag, Marburg

Der Autor:
Johannes W. Steinbach ist Heilpraktiker, Medizinjournalist, Autor der Bücher Aktuelle Gesundheitsthemen: Aus Sicht der Naturheilkunde und Der Rote Faden: Prüfungswissen für Heilpraktiker sowie Herausgeber von heilpraktiker-lernskripte.de (www.heilpraktiker-lernskripte.de).

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