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Selbstwert 2.0

Wir möchten anerkannt, gemocht und geliebt werden. Wir möchten dazugehören. Immer wieder kommen Klient*innen daher mit dem Anliegen in meine Praxis, ihr Selbstwertgefühl verbessern zu wollen. Aber was bedeutet das eigentlich und um was geht es dabei wirklich?

Das klassische Selbstwertgefühl entspringt einem statischen Selbstbild. Erfolg bedeutet, gute Noten zu haben, der oder die Beste zu sein. Fehler werden gleichgesetzt mit einem Mangel an Kompetenz. Fähigkeiten und Intelligenz werden als vorgegeben bewertet und scheinen wenig veränderbar. Das Selbstwertgefühl ist das Ergebnis einer eigenen subjektiven Bewertung, die sich auf individuelle Erfahrungen und erlernte Glaubenssätzen stützt. Wer beispielsweise als Kind immer wieder gehört hat „Das kannst du sowieso nicht“, glaubt es später selbst. Wer Liebe und Zuwendung nur gegen Leistung bekommen hat, zweifelt an seinem Selbstwert, wenn er nichts an Leistung vorzuweisen hat. Diese Bewertungsstrategien passen zu unserer Anforderungen in einer Leistungsgesellschaft, die uns vermittelt: „Du bist etwas wert, wenn du etwas hast und leistest“.

Wir können unser Mindset verändern. Der Selbstwert 2.0 stütz sich auf ein dynamisches Selbstbild. Dieses geht davon aus, dass man Fähigkeiten entwickeln und aus Fehlern lernen kann. Erfolg bedeutet zu Lernen, um etwas zu verstehen. Fehler werden als Entwicklungschance bewertet. Um einen solchen Mindshift zu vollziehen, müssen wir unsere Sicht auf uns selbst verändern.

1) Wertvoll als Mensch

Mit unserer Geburt bringen wir alles mit auf die Welt, was wir brauchen, um wertvoll zu sein. Wir sind genau so richtig wie wir sind. Wir brauchen keine Anforderungen zu erfüllen, um einen Wert auszufüllen.

 

2) Perfektionismus überwinden

Perfektionismus ist die Angst vor der eigenen Fehlerhaftigkeit und der Besorgnis, dass andere das bemerken könnten. Die Seele erstarrt, hemmt das Leben, führt zur Angst vor Liebesentzug und Ausgrenzung. Perfektionismus beinhaltet ein Streben nach hohen eigenen Standards. Die Besorgnis hinter dem Perfektionismus ist der leistungsbezogene Zweifel, eine Fehlersensibilität und eine Bewertungsängstlichkeit. Es entspricht unserem Wesen, unvollkommen zu sein, beschreibt es Brené Bown in ihrem wunderbaren Buch „Verletzlichkeit macht stark“ (S. 164). Wir müssen dafür unsere Unperfektheit anerkennen und würdigen. „Wären wir perfekt, dann wären wir keine Menschen. Wir wären Barbie und Ken – Plastikfiguren, die gut aussehen, aber so tot sind wie Türklinken“, konstatiert Kirstin Neff in ihrem Buch „Selbstmitgefühl“ (S. 98)

 

3) Selbstmitgefühl entwickeln

Wir müssen ein Mitgefühl für uns selbst entwickeln. Das bedeutet, dass man seine eigene Unzulänglichkeit liebevoll anerkennt, die Schattenseiten umarmt. Selbstmitgefühl bietet denselben Schutz gegen Selbstkritik wie das statische Selbstwertgefühl, ohne dass wir uns dabei perfekt oder besser betrachten müssen. Wir gehen mit uns selbst so um, wie wir uns um einen Freund, eine Freundin kümmern würden. Wir schließen Frieden mit uns selbst, indem wir uns Mitgefühl, Freundlichkeit und Sympathie entgegenbringen.

 

4) Fehlertoleranz für sich selbst

Dein strengster Kritiker bist du selbst. Ein liebevoller Umgang setzt voraus, dass du dich nicht selbst zerfleischst, wenn du Fehler machst. Entwaffne deine inneren Kritiker, stoppe die zermürbende Selbstkritik. Wie redest du mit dir selbst? Beschimpfst du dich, wenn du etwas falsch machst? Scheitern tut nur, wer alles lässt wie es ist. Wer keine Fehler macht, der entwickelt sich nicht.

 

5) Selbstfürsorge praktizieren

Achtsamkeitsübungen und eine Dankbarkeitspraxis können dich in deiner Selbstfürsorge unterstützen. Achtsamkeit bedeutet, dass du dich für den Moment öffnest. Das kann ebenso eine Meditation wie ein Spaziergang im Wald sein. Dankbarkeit ist eine innere Haltung. Ein Dankbarkeitstagebuch kann dir helfen, dich in schwierigen Moment darauf zu fokussieren, für was du dankbar bist. Siehe dazu auch den Artikel https://www.theralupa.de/journal/104-boykott-der-selbstfuersorge.html

 

6) Eigene Grenzen respektieren

Achte auf deine Grenzen. Oft haben wir Angst, Grenzen zu setzen, weil wir befürchten, das Gegenüber vor den Kopf zu stoßen. Kannst du Stopp sagen, wenn du etwas nicht willst? Wie leicht kommt dir ein Nein über die Lippen? Umgibst du dich mit Menschen, die dich unterstützen? Kannst du dich so nehmen wie du bist?

 

Literaturtipp:

 

Blickhan, Daniela. Positive Psychologie. Ein Handbuch für die Praxis. Paderborn: Junfermann Verlag.

Brené Bown, Verletzlichkeit macht stark. Kailash Verlag.

Neff, Kirstin. Selbstmitgefühl. Wie wir uns mit unseren Schwächen versöhnen und uns selbst der beste Freund sind. München: Kailash Verlag.

  


 Therapeutenprofil anzeigen

Ulrike Hinrichs ist Heilpraktikerin für Psychotherapie, Traumazentrierte Fachberaterin und Kunsttherapeutin (M.A). Sie ist auch Autorin des Fachbuchs „Kunst als Sprache der Intuition. Der holografische Ansatz in der Kunsttherapie und kunstanalogen Transformationsprozessen“ (Synergia Verlag).

www.lösungskunst.com